Entwicklung

22 Jun 2015 - Lesezeit: 4 Minuten

Bei meiner Arbeit als Dozent, Unternehmensberater, Systemadministrator, Hundevermittler oder was auch sonst dazu führt mit Mitmenschen in Kontakt zu treten gerate ich immer häufiger in einen dicken Fettnapf.

Meine Definition von Entwicklung scheint sich zunehmend von dem zu unterscheiden, was allgemeinhin darunter verstanden wird. Immer öfter passiert es, dass ich fragende Gesichter erblicke, wenn innerhalb eines Gesprächs Ansichten und Rückschlüsse mitgeteilt werden.

Dabei ist es mir vollkommen gleich, ob meine eigene Ansicht Anklang findet. Wichtig ist mir in einem Gespräch der Austausch und mit ein wenig Glück sogar ein Erkenntnisgewinn.

Es ist mir sogar gleich, bei welchem Thema dies passiert. Ich halte mich weder für festgefahren, noch für uninteressiert. Was allerdings passiert ist, dass neben oder nach dem Fragezeichen ein Ausrufezeichen zu erblicken ist. Es wird widersprochen, nicht eingesehen, nicht gut gefunden oder Distanz gesucht. Ironischer Weise entdecke ich nur wirklich in den allerletzten Fällen eine Alternative.

Gern würde ich mich damit auseinandersetzen, was mein Gegenüber denkt. Wenn ich Mitarbeiter, Teilnehmer, Kinder, Hunde oder sonst was versuche zu entwickeln scheint es mir so zu sein, als würde die Tendenz immer mehr dazu übergehen Ursache und Wirkung nicht wahrhaben zu wollen und somit das Ausprobieren und Suchen nach „passenderen“ Lösungen in den Vordergrund rücken. Dabei kann ich nicht so recht verstehen, dass es lieber in Kauf genommen wird Dinge zu verkomplizieren, in die Länge zu ziehen, weg zu leugnen oder einfach in viele Teile zu zerteilen um die Verantwortung auf viele Köpfe zu verteilen.

Was spricht dagegen anzunehmen, dass Beispielsweise unsere Kinder in der Lage sein werden, sich zu benehmen, Werte zu transportieren und eigenständige Menschen zu werden. Was spricht dagegen vorauszusetzen, dass ein Hund grundsätzlich befähigt ist ein allgemeinverträgliches Verhalten an den Tag zu legen. Wie kommen wir zu dem Schluss, dass trotz steigender Möglichkeiten und mannigfaltiger Unterstützung das die Verwirklichung der eigenen Vorstellung nicht möglich sei. An welchem Punkt haben wir aufgehört unseren Partner vor voll zu nehmen und für ihn zu denken, nur damit er sich nicht selbst mit einer Situation auseinandersetzen muss oder kann.

Entwicklung ist das sammeln, verarbeiten und auswerten von Erfahrungen. Je mehr und besser diese Sind, umso mehr Rückschlüsse kann ein Individuum für sich, seine Entscheidungen und Urteile ziehen. Das Anlegen und ausleben der persönlichen Maßstäbe ist unsere Möglichkeit die Entwicklung voran zu treiben, auseinander zu ziehen und zu verändern.

In einer so dekadent opulenten Zeit wie der unseren, in der wir über Champagner-Probleme grübeln und uns grundsätzlich keine Sorgen mehr über die Sicherung des Überlebens, der Versorgung und dergleichen machen müssen: Wieso denken wir, dass der gegangene Weg ungültig wird und gemachte Erfahrungen alternativlos ersetzt werden müssen?

Schüler und Kinder verkommen immer mehr durch die Fehlannahme seine Ruhe zu haben und ihnen was „gutes“ zu tun, indem wir mehr und mehr bespaßen. Wir schaffen uns intellektuelle Mitmenschen die nicht in der Lage sein werden ohne fremde Hilfe zu leben und Entscheidungen, Wege und Rückschlüsse nur mit Netz und doppeltem Boden zu treffen, weil wir ihnen vormachen, dass „wir uns darum kümmern werden“. Lernen tut dabei nur der der auch handelt. Kinder bleiben auf der Strecke, da sie diese Erfahrung nicht machen werden.

Damit Erfahrungen gemacht werden können, muss aber auch gewährleistet werden, dass Dinge einfach mal passieren können. Zurücklehnen ist durchaus möglich in unserer Gesellschaft, denn weder Kriegsbaustellen, noch Hungersnöte gilt es regional zu bewältigen. Und doch meinen wir, dass wir überall Handeln müssen und „die Dinge in die Hand nehmen“. Richtig wäre hier, unsere Verantwortung im Zulassen, passieren lassen, sowie lenken und Leiten zu sehen.

Entwicklung sollte nur dann von weiter hinten beginnen, wenn die Erkenntnis vor liegt, das auf den letzten Metern etwas grundlegend schief gelaufen ist. Eine Alternative ist hier natürlich Pflicht. Ergebnisse sollten besser werden. Methoden sollten schneller/komfortabler/entspannter/angenehmer oder so in irgendeiner Art und Weise „besser“ werden und nicht einfach dazu führen, dass wir uns nicht mehr den grundsätzlichen Dingen und „Regeln“ des Lebens stellen müssen.